New Ehrenamt – was bedeutet das eigentlich?

Im Vordergund des Bildes ist eine weiße Fläche mit den Fragen: Wer? Wie? Was? Warum? Daneben befindet sich das
Wer? Wer engagiert sich in Zukunft? Wie? Wie kann Engagement zukünftig organisiert und strukturiert werden? Was? Welche alten und neuen Bedarfe gibt es in der Gesellschaft? Warum? Warum engagieren sich Menschen persönlich, und warum nicht?

Unser Jahresthema lautet “I love New Ehrenamt“. Es gibt dabei eine bewusste Lücke, denn – was genau versteht man unter New Ehrenamt? Dies wollen wir gemeinsam mit möglichst vielen Akteuren bearbeiten und herausfinden. Am 08.03.2024 fand dazu online ein offenes Auftakttreffen statt, um uns mit dem Thema auseinander zu setzen. Dabei haben wir uns mit den 4 Leitfragen beschäftigt:

  • Wer? Wer engagiert sich in Zukunft?
  • Wie? Wie kann Engagement zukünftig organisiert und
    strukturiert werden?
  • Was? Welche alten und neuen Bedarfe gibt es in der
    Gesellschaft?
  • Warum? Warum engagieren sich Menschen persönlich,
    und warum nicht?

Dabei beziehen wir unabhängig von der Wortwahl (wir verwenden Ehrenamt und Engagement hier synonym und ohne großen Unterschied) sowohl das formale Ehrenamt (z.B. gewähltes Amt), als auch das informelle Engagement (z. B. Nicht-Mitglied, welches einmalig zwei Stunden bei einer bestimmten Aufgabe hilft) immer in unsere Überlegungen mit ein. Und wir nehmen zwar soziales Ehrenamt in den Fokus, grenzen das aber nicht scharf ab und vor allem BEgrenzen wir es nicht. Wir diskutieren New Ehrenamt gerne unter Inklusion von allen, die mitreden wollen und freuen uns auf Teilnehmende aus diversen kulturellen, sozialen, religiösen und nicht-religiösen, kirchlichen und nicht-kirchlichen Hintergründen. Um dies zu ermöglichen, orientieren wir uns stets an unserem Leitbild.

Antworten (noch) nicht im Fokus – New Ehrenamt Frageräume

Bei der Beschäftigung mit den Leitfragen im Rahmen des Auftaktstreffens zu New Ehrenamt ging es gar nicht unbedingt darum, bereits jetzt Antworten zu finden. Vielmehr stand im Fokus, den Frageraum zu erweitern (wie in diesem Blogbeitrag schon zur ersten Leitfrage nach dem “Wer?”). Dazu haben wir uns mit jeder Leitfrage einzeln beschäftigt und durch verschiedene Methoden erste Impulse gesammelt. Diese Impulse stellen wir im Folgenden in Stichworten vor – es ist klar, dass manche einer weiteren Ausformulierung bedürfen, diskutiert, erklärt und besprochen werden sollten. Auch Widerspruch zu den Stichworten mag sich regen. Wir freuen uns, wenn du diese Impulse wahrnimmst, aufschreibst und uns per Kommentar unter diesen Beitrag setzt (oder per E-Mail an hallo@meet-campus.de sendest).

Leitfrage 1: Wer?

Ansicht das Online Whiteboards mit den Karten zur New Ehrenamt Fragerunde 1 in gelb. (Die Fragen werden im Artikel besprochen).Der Frageraum zu “Wer?” hat bereits sehr spannende Punkte aufgezeigt (siehe Bild 1).

Für ehrenamtlich Tätige spielt die Gemeinschaft eine große Rolle. Aber kann dieses Gefühl der Gemeinschaft auch nach außen hin so kommuniziert werden, dass Noch-Nicht-Engagierte dieses Gefühl erspüren können? Dass sie motiviert sind, aufgrund dessen ins freiwillige Engagement zu kommen? Oder ist das Gemeinschaftsgefühl etwas, was sich erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt und die Menschen zum Dabeibleiben ermuntert? “Komme um anderen zu helfen, bleibe für die Gemeinschaft der Engagierten.” Klar wurde in diesen Gesprächen auch, dass Kommunikation auf Augenhöhe eine wichtige Voraussetzung ist, um überhaupt Engagierte gewinnen zu können. Hier wurde auch klar gesagt, dass dies in den (kirchlichen) Strukturen nicht immer gegeben sei.

Wenn wir schon bei kirchlichen Strukturen sind, wurde hier auch darauf hingewiesen, das wegfallende kirchliche (hauptamtliche) Strukturen starke Auswirkungen haben auf die durch den Glauben ausgeübten Ehrenämter. Demotivation,  steigende Belastung und Imageprobleme sind Gründe für eine sinkende Anzahl an Engagierten, ob das nun klassisches Ehrenamt oder New Ehrenamt heißt.

Besonders interessant war hier der Hinweis einer Teilnehmerin, dass die Frage schon aus der falschen Perspektive belichtet wird. Statt sich auf die Menschen zu konzentrieren, die wir gewinnen wollen, sollten wir die Frage an die Organisationen stellen: Wie müssen sich die Organisationen verändern, damit Menschen motiviert sind, dort ehrenamtliche Arbeit zu leisten?

Was ist aus deiner Sicht eine Veränderung, die schnell neue Engagierte ins soziale Engagement bringen würde?

Leitfrage 2: Wie?

Ansicht das Online Whiteboards mit den Karten zur New Ehrenamt Fragerunde 2 in gelb. (Die Fragen werden im Artikel besprochen).Der Frageraum nach der zukünftigen Struktur des Engagements fiel den Teilnehmenden schwerer, es gab trotzdem richtig tolle Ergebnisse (siehe Bild 2). Dabei haben wir festgestellt, dass eine trennscharfe Unterschiedlichkeit bei den Fragen und Frageräumen nicht gegeben ist. In allen vier Frageräumen gibt es immer wieder Überschneidungen der einzelnen Punkte.

Oft genannte Hindernisse für ein New Ehrenamt waren hierbei Bürokratie, Rechtsfragen, Haftungsfragen und darauf bezogen die schwindende Unterstützung durch Hauptamtliche (bei der Organisation angestellte Menschen).

Sehr passend zum Begriff des New Ehrenamt waren Hinweise auf Teambuilding, interessensbasiertem und kompetenzbasiertem Engagement, sowie die Forderung nach “Onboarding” (Einführung) und “Offboarding” (Ausstieg – ein Ausstieg aus dem Ehrenamt muss akzeptiert werden, kann sogar wertschätzend statt abwertend stattfinden).

Eine große Diskrepanz wird in der Entwicklung gesehen, dass die Menschen eher kurze, weniger verbindliche Engagements suchen – viele notwendige Aufgaben aber ein langfristiges Engagement benötigen (z.B. Besuchsdienste). Auch eine zuverlässige und langfristige Mitgliedschaft ist vonnöten – nur so können verlässliche finanzielle Planungen gemacht werden, die von fast allen Projekten benötigt werden.

Spürst du diese Diskrepanz auch?

Leitfrage 3: Was?

Bei der Frage nach den zukünftigen Bedarfen der Gesellschaft haben wir im Termin der Auftaktveranstaltung zu New Ehrenamt einfach mal gesammelt, was uns dazu so einfällt (siehe Bild 3).Ansicht das Online Whiteboards mit den Karten zur New Ehrenamt Fragerunde 3 in gelb. (Die Fragen werden im Artikel besprochen).

Aufgrund der aktuellen Migration, die nicht abebben wird (z.B. durch Klimaflüchtlinge) ergeben sich hier vor allem Bedarfe im Rahmen der Sprache. Als Beispiel wurde die ehrenamtliche Begleitung bei Behördengängen genannt, um sprachliche Barrieren zu mindern (hieraus ergeben sich auch wieder Rechts- und Haftungsfragen, wie schon vorher genannt).

Weitere zukünftige, stärker werdende Bedarfe, die in der Gruppe gesammelt wurden:

  • Kinderbetreuung (z.B. bei Alleinerziehenden, oder berufstätigen Eltern ohne Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung)
  • Digitalisierung (z.B. Digitalmentor*innen und sichere digitale Räume für Ehrenamtliche)
  • Integration in den Arbeitsmarkt
  • Demokratische und soziale Bildung, vor allem für die Jugend
  • Miteinander alt werden und in der Gemeinde unterstützend zusammen leben
  • Verschiedene Interessensgruppen, vor allem um der gefühlt größer werdenden gesellschaftlichen Spaltung entgegen zu wirken
  • Vernetzung mit anderen Gruppen (und kirchlichen Gemeinden)
  • Seelsorge (Idee: Ehrenamtliche Quartiersseelsorge; Wer Seelsorge sucht, will eventuell aber keine ehrenamtliche Unterstützung, sondern “professionelle”)

Es zeigte sich auch in der Diskussion, dass immer wieder die Frage im Raum steht: Was ist tatsächlich gut für freiwilliges Engagement geeignet, was sollte weiterhin hauptamtlich oder sogar staatlich getragen werden? Wir müssen uns also im Rahmen von New Ehrenamt auch damit beschäftigen, welche Aufgaben eigentlich wohin gehören.

Welche Bedarfe siehst du und wer sollte die Aufgabe sinnvoll übernehmen?

Leitfrage 4: Warum?

Die vierte Leitfrage im Rahmen unseres Jahresthemas ist natürlich eine eher persönliche. Wir haben trotzdem versucht, die Perspektive zu erweitern und auch hier kamen interessante Antworten auf die Frage “Warum engagieren sich Menschen?” und auf die Gegenfrage “Warum engagieren sich Menschen nicht?” (siehe Bild 4).
Ansicht das Online Whiteboards mit den Karten zur New Ehrenamt Fragerunde 4 in gelb. (Die Fragen werden im Artikel besprochen).Zeit, vor allem das Fehlen von Zeit, ist ein großes Hindernis für mehr Engagement. Sollte doch mal Zeit da sein, konkurriert das Engagement mit der Vielfalt der Möglichkeiten zur Gestaltung dieser Zeit.

Dabei sind, wie diese erste Sammlung beweist, viele Vorteile für das eigene Wohlbefinden in einem passenden Engagement möglich. Neue Fähigkeiten, mal was ganz Anderes tun, die eigenen Stärken einbringen können, über den eigenen Tellerrand blicken, neue Kontakte knüpfen, Demokratie erleben, Anerkennung und Gemeinschaft erfahren – all das und noch einiges mehr kam bei der ersten Sammlung heraus.

Was möchtest du hier noch ergänzen?

 

Wenn New Ehrenamt ein Tier wäre, welches wäre es?

Nach all dieser intensiven Beschäftigung mit den neuen Engagementformen und der Transformation des Ehrenamtes haben wir in einem kreativen Abschluss gefragt, welches Tier diese Entwicklungen repräsentiert. Hier kamen ganz unterschiedliche Antworten:

  • Adler
    • Gutes Gehör
    • Starke Ausdauer
  • Bello bellt für das Ehrenamt
    • selbstbewusst
    • Attraktivität
    • Flexibiliät
    • Angebot
    • Nachfrage
  • Oktopus
    • Multifunktionell
    • mehrere Arme, mehrere Beine
  • Roboter
    • Digitalisierung
    • selbstbestimmt
    • gibt und nimmt
  • EichhörnchenSchweinsElefant
    • Beweglichkeit, aber auch sprunghaft
    • Spürnase vom Schwein, was ist da?
    • Elefantische Stabilität
  • Fuchs
    • Gemeinsames Anpacken
    • Agil
    • Offen
    • Veränderung
    • Diversität

Danke! Wir alle sind “New Ehrenamt”

Wir bedanken uns bei allen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben und mitgearbeitet haben. DANKE für euren Einsatz.

Wir werden in den nächsten Monaten weiter an dem Thema arbeiten und alle Erkenntnisse immer wieder hier auf dem MEET CAMPUS teilen. Wir freuen uns über alle, die sich beteiligen wollen.

Zahlen, Daten, Fakten zum Engagement als Grundlage für die Beschäftigung mit “New Ehrenamt”

Hier noch Links zu grundlegenden Zahlen bezüglich dem Engagement über alle Engagementfelder in Deutschland:

https://ziviz.de/ziviz-survey

Wir möchten verstehen, wie es um die Organisationen der Zivilgesellschaft bestellt ist. Denn Vereine, Stiftungen und andere Organisationen der Zivilgesellschaft werden von Menschen “gemacht”. Gesellschaftliche Prozesse wie der demografische Wandel, die Digitalisierung oder das veränderte Erwerbs- und Mobilitätsverhalten haben einen unmittelbaren Einfluss auf diese Organisationen.

Die Zahlen des ZiviZ sind hier auch nochmal interaktiv aufbereitet: https://stifterverband.shinyapps.io/ZiviZ_Survey/

Einige Länderberichte stehen schon zur Verfügung, diese sind hier zu finden: https://www.ziviz.de/ziviz-survey/bundeslaender


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